DWIH São Paulo prämiert deutsches Startup zur präventiven Wartung von Rohrleitungen

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PipePredict ist der Gewinner der vom DWIH São Paulo geförderten Kategorie „Nachhaltiges Brasilien” in der fünften Ausgabe des Programms Startups Connected.

Im Jahr 2015, als das Bundesland São Paulo einer bis dahin beispiellosen Dürre ausgesetzt war, ergab eine Umfrage des vom inzwischen abgeschafften Städteministerium beauftragten Nationalen Systems für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung (SNIS), dass 32% des im Bundesland verteilten Trinkwassers nicht an die Endverbraucher gelangt. Auf ganz Brasilien bezogen beträgt der Trinkwasserverlust sogar 37%.

Laut dieser Studie geht das Wasser durch Undichtigkeiten, Probleme mit den Rohrleitungen, Betrug und sogar durch Diebstahl verloren. Die vorliegenden Daten, die sich auf das Jahr 2013 beziehen, verdeutlichen die Anfälligkeit des brasilianischen Wasserverteilungssystems, die zu hohen Kosten für die öffentliche Verwaltung und die Kunden führt und zudem Umweltschäden verursacht.

Mit einer digitalen Lösung zur genaueren Erkennung von Lecks in Rohrleitungen für Wasser, Gas, Öl und andere Substanzen gewann das deutsche Startup PipePredict in der fünften Ausgabe des Programms Startups Connected in der vom DWIH São Paulo geförderten Kategorie „Nachhaltiges Brasilien”. Die Preisverleihung fand am 24. September um 17 Uhr im Rahmen des 8. Deutsch-Brasilianischen Innovationskongresses statt, der dieses Jahr online veranstaltet wurde. Wenn Sie diese Zeremonie sehen wollen, finden Sie weitere Informationen auf der Website der Veranstaltung: https://www.inovacaobrasilalemanha.com.br/.

PipePredict ist ein Spin-off, das im akademischen Umfeld der Technischen Universität Darmstadt (TU Darmstadt) Gestalt annahm. Das Unternehmen verfügt über eine digitale Technologie zur virtuellen präventiven Wartung, mit der Lecks in Rohren in Echtzeit überwacht und lokalisiert werden können. Um zu verstehen, wie diese Lösung funktioniert, hat das DWIH São Paulo Christopher Dörner, einen Mitbegründer von PipePredict, interviewt. Lesen Sie nachfolgend Details zu diesem Projekt!

DWIH São Paulo: Was waren die Gründe und Umstände, die zur Gründung von PipePredict geführt haben? Und seit wann existiert das Startup?

Christopher Dörner: Unsere Mitbegründerin Valerie Fehst arbeitete 2018 als Datenwissenschaftlerin für ein Startup in Frankfurt an einem Projekt für ein Wasserversorgungsunternehmen. Dabei erfuhr sie, wie Wasserlecks auf herkömmliche Weise festgestellt wurden, und glaubte, dass es bessere Lösungen geben müsse, um den Verlust von Millionen Litern aufbereitetem Trinkwasser zu vermeiden.

Um dieses Projekt in die Tat umzusetzen, bildete sie ein interdisziplinäres Team mit zwei weiteren Wissenschaftlern: Software-Ingenieur Tri-Duc Nghiem, der über eine achtjährige Erfahrung in der Implementierung von Algorithmen für maschinelles Lernen verfügt, und ich, Christopher Dörner, Industrieingenieur mit Erfahrung in der prädiktiven Wartung und mit Fachwissen bei der Erstellung von Software-Startups. Die PipePredict GmbH wurde im März dieses Jahres offiziell gegründet.

DWIH SP: Können Sie kurz beschreiben, wie die Lösung funktioniert?

C. D .: Es ist derzeit nicht bekannt, wann und wo ein Rohr brechen wird – dadurch werden Notreparaturen erforderlich, was wiederum die Kosten für die Wasserversorgung erhöht. Aufgrund von Undichtigkeiten und Rohrbrüchen werden weltweit jährlich rund 180 Milliarden Dollar in ineffektiven Wasser-Verteilungssystemen verschwendet. Aber nicht nur der Wasserversorgungssektor leidet unter dem Mangel an genaueren Lösungen für die Erkennung von Undichtigkeiten. Gas-, Öl- sowie Chemie- und Pharmaunternehmen sind ebenfalls von diesem Problem betroffen.

Das digitale Tool zur präventiven Wartung von PipePredicts erkennt Undichtigkeiten frühzeitig, zeigt den Zustand eines Lecks in Echtzeit an und sagt voraus, wann und wo ein Rohr brechen wird. Diese Analyse ist dank der vorhandenen Sensordaten im digitalen Zwilling – der virtuellen Reproduktion des Originalteils – und der von unserem Startup entwickelten Algorithmen für maschinelles Lernen möglich.

DWIH SP: Welche Informationen belegen die Feststellung, dass Ihre Lösung die Reparatur- und Wartungskosten für Trinkwasser-, Öl- und Gasverteilungssysteme senkt?

C. D .: Also, unsere digitale Lösung kann problemlos in bereits bestehende Rohrnetze und in das Vertriebsnetz integriert werden. Auf diese Weise reduzieren wir die anfänglichen Investitionskosten für die Überwachung des Verteilungsnetzes. Durch die Analyse der Sensordaten in Echtzeit können wir Lecks schon im Voraus erkennen, sehr genau lokalisieren und somit unseren Kunden mitteilen, wo konkret Flüssigkeits- oder Gasverluste auftreten. Mit dieser Präzision werden Reparaturzeit und -aufwand drastisch reduziert.

Nach der Analyse der Sensordaten können wir auch berechnen, wann ein Rohr brechen oder sein Inhalt auslaufen wird, und so unseren Kunden bei der Planung einer vorbeugenden Reparatur helfen. Auf diese Weise können Notreparaturen an Rohrbrüchen vermieden werden, was die Arbeitskosten senkt und den Materialbestand optimiert. Mit unserer Lösung steigern die Versorger die Effizienz ihrer Anlagen und verringern ihre Verluste, was eine zuverlässigere Versorgung garantiert und die Nachhaltigkeit der Produktionskette erhöht.

DWIH SP: Wie hat das akademische Umfeld der TU Darmstadt zum Wachstum des Startups beigetragen?

C. D.: Die TU Darmstadt ist sozusagen unser Zuhause. Zwei der Gründer haben hier ihren Bachelor und Master gemacht, und der dritte hat nach Abschluss seines Studiums in Italien ebenfalls als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Institution gearbeitet. Über dieses akademische Umfeld hatten wir das erforderliche Wissen, um auf die Idee zu kommen, die Lösung zu implementieren und das Startup aufzubauen.

Daher ist die TU Darmstadt für uns alle von großem Wert. Unsere Algorithmen basieren auf den neuesten Erkenntnissen der akademischen Forschung und werden derzeit von Professor Wilhelm Urban, Dekan des IWAR-Instituts an der TU Darmstadt, gefördert. Er unterstützt uns mit Markt- und Technologiekenntnissen und berät uns mit seinem über Jahrzehnte aufgebautem Wissen und internationalen Kontakten auf den globalen Wasserverteilungsmärkten.

DWIH SP: Wo wurde das Tool implementiert oder getestet? Wie groß war die beobachte Optimierung der Ressourcen? Gibt es Erfolgsbeispiele, die Sie kommentieren möchten?

C. D.: Wir testen unser System derzeit in der realen Anwendung und überwachen 7 km eines Gasfernwärmenetzes in einer Anlage von französischen Kunden. Unsere Lecksuche hat sehr gut funktioniert und wir konnten drei verschiedenen Zustände in den Rohrleitungen erkennen: Normalzustand, ein offenes Ventil und ein Leck; Die Genauigkeit dieser Erkennung beträgt 92%. Derzeit entwickeln wir auch unser Tool zur präventiven Wartung, um vorherzusagen, wann und wo Rohre brechen werden.

DWIH SP: Inwiefern könnte Brasilien ein potenzieller Verbrauchermarkt für PipePredict sein? Und welche Beziehungen haben das Unternehmen und die Gründer zum Land?

C. D.: In unserer Marktforschung haben wir festgestellt, dass Südamerika leider unter vielen Undichtigkeiten in den Wasserversorgungsnetzen leidet. Einige Studien zeigen, dass in einigen Gebieten mehr als 50% des Wassers verloren gehen. Dieser Verlust von Trinkwasser erhöht die Kosten für öffentliche Dienstleistungen, verhindert die Versorgung großer Teile der Bevölkerung und verursacht Umweltschäden in der Umgebung. Unsere Lösung könnte dazu beitragen, Lecks im Voraus aufzuspüren und Rohrbrüche vorherzusagen, wodurch die Kosten für öffentliche Dienstleistungen gesenkt werden und das Wasser für den Endkunden billiger wird.

Wir wissen auch, dass unsere Lösung die Versorgung durch Gas- und Ölpipelines verbessern kann und somit der Fertigungsindustrie dabei hilft, Verluste in ihrem Verteilungssystem für flüssige Produktionsmittel zu reduzieren.

Wir hatten Kontakt mit der reichen Kultur und mit den sympathischen und gastfreundlichen Menschen in Brasilien. Valerie Fehst hat eine Zeit lang an der Unicamp (Landesuniversität Campinas) studiert und ich an der UFRJ (Bundesuniversität Rio de Janeiro). Bis heute pflegen wir Freundschaften mit unseren brasilianischen Kollegen, selbst aus der Ferne. Wir sind daher begeistert von den Menschen, vom Land und von der brasilianischen Kultur und würden gern mit Unternehmen im Land zusammenarbeiten.