Brasilien und Deutschland vereinen Kräfte für eine nachhaltige Stadtentwicklung

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Die Stadtentwicklung stellt eine der großen aktuellen Herausforderungen dar – Brasilien und Deutschland bemühen sich gemeinsam um eine angemessene, abgestimmte und nachhaltige Infrastruktur.

Im unkontrollierten Wachstum der großen Ballungszentren liegt heute eines der dringlichsten Probleme. Laut Zahlen der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) lebt zurzeit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, und man schätzt, dass dieser Anteil bis zum Jahr 2050 auf etwa zwei Drittel (68%) – etwa 6,7 Milliarden Menschen – anwachsen wird. Diese Tendenz deutet an, dass die nächsten Jahrzehnte im Hinblick auf Größe und Verteilung der Weltbevölkerung von tiefgreifenden Veränderungen geprägt sein werden. Und die Entwicklungsländer werden am stärksten von den Auswirkungen dieses schnellen Wachstums betroffen sein, besonders was die Stadtplanung betrifft. Aus diesem Grund sind gut durchdachte und gemeinsam von Wissenschaft und Regierungen durchgeführte Initiativen von grundlegender Bedeutung für die Verwaltung der zukünftigen Städte. Brasilien und

Deutschland liegen im Hinblick auf dien Anteil der Stadtbevölkerung mit 85% bzw. 74% deutlich über dem Weltdurchschnitt, ein Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen zwischen den beiden Ländern, die bereits auf eine lange Tradition der Zusammenarbeit in Wissenschaft, Forschung und Innovation zurückblicken, ist also von grundlegender Bedeutung. Die Kooperation bei der Entwicklung ist in der Struktur der deutschen Politik verankert und Brasilien ist im Hinblick auf Umweltschutz, nachhaltige Verwaltung der Wälder und Energieeffizienz ein wichtiger Partner. Die deutsch-brasilianische Zusammenarbeit begann im Jahr 1962. Seitdem haben Einzelaktionen und strategische Konzepte im Hinblick auf die mit der Stadtentwicklung verbundenen Herausforderungen zunehmend einen festen Platz in der Agenda beider Länder eingenommen, die sich gemeinsam um eine angemessene, abgestimmte und nachhaltige Infrastruktur bemühen.

2015 unterzeichneten die Regierungen beider Länder einen Kooperationsvertrag über eine nachhaltige Stadtentwicklung, und im November desselben Jahres befasste sich der 5. Deutsch-Brasilianische Dialog über Wissenschaft, Forschung und Innovation konsequenterweise mit dem Thema „The City of Tomorrow – Tackling Urban Challenges and Opportunities”. Die Anwesenheit brasilianischer und deutscher Spezialisten verlieh der Veranstaltung große Bedeutung, was sich in einer Fülle neuer bilateraler Kooperationen und Partnerschaften niederschlug. Das Event wurde vom Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo (DWIH São Paulo) mit der Unterstützung der Stiftung zur Forschungsförderung des Landes São Paulo (Fapesp), der Stiftung Getulio Vargas Projekte (FGV Projekte), der Parlamentschule der Stadtverwaltung São Paulo und dem Auswärtigen Amt der deutschen Bundesregierung (AA) organisiert.

Georg Witschel, Deutscher Botschafter in Brasilien, kommentierte während des 5. Deutsch-Brasilianischen Dialogs, die Partnerschaft zwischen den beiden Ländern umfasse Bereiche wie Smart Cities, integrierte und nachhaltige Entwicklung, Planung und Sanierung von Städten und Rücksicht auf das Klima. Das 2015 unterzeichnete bilaterale Kooperationsabkommen sei von ständigen Fortschritten begleitet. „Wir werden diesen Dialog über eine interministerielle Arbeitsgruppe ständig fortsetzen und ausbauen. Deutschland ist an einer Vertiefung der Zusammenarbeit mit Brasilien auch in diesem Bereich stark interessiert”, betonte Witschel.

Eine Frau mit Brille lächelt.
"Die Debatte über Stadtentwicklung und die damit verbundenen Problemstellungen wie Rechtswidrigkeiten, Umweltzerstörung, soziale Ungerechtigkeiten sowie die Sicherstellung von Ernährung und Gesundheit ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Ich bin mir sicher, dass wir im Umgang mit diesen Fragen, sowohl interdisziplinär als auch unter Berücksichtigung brasilianischer und deutscher Vorstellungen zu einem besseren Verständnis gelangen werden, um das nicht aufzuhaltende Wachstum der Städte so nachhaltig und vorteilhaft wie möglich gestalten zu können."
Martina Schulze, Leiterin des DWIH São Paulo
"Ökologische, infrastrukturelle, transportbedingte und soziale Probleme sind seit Langem hinreichend bekannt. Damit unsere Städte auch im Jahr 2050 noch bewohnbar sein können, müssen sowohl technische und technologische als auch politische und soziale Lösungen gefunden werden."
Rainer Wehrhahn, Geograph der Universität Kiel
"Wir können zukünftig viel intelligentere Städte haben. Wir müssen dabei aber Antworten bevorzugen, die vermeiden, dass unsere Städte immer ungleicher und elitärer werden."
Marcos César Alvarez, Professor der Universität São Paulo (USP)
"Auf dem Gebiet der Zusammenarbeit im Hinblick auf den Klimawandel gibt es die unterschiedlichsten deutsch-brasilianischen Projekte. Ich will an dieser Stelle das Forschungsprojekt ATTO hervorheben. In Zusammenarbeit zwischen dem Nationalen Institut für Forschung im Amazonasgebiet (INPA) und der Max-Planck-Gesellschaft wurde ein Turm zur Klimamessung errichtet, der mit vielfältigen Forschungseinrichtungen ausgestattet ist. Allein dieses Projekt erforderte in den letzten Jahren schon mehrstellige Ausgaben von beiden Seiten. Aber die Ergebnisse werden einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Klimaverhaltens leiten."
Thomas Schröder, ehemaliger Berater für wissenschaftliche Angelegenheiten und akademischen Austausch der Deutschen Botschaft in Brasilien

Nachhaltige Entwicklung war auch der Inhalt der fünften Ausgabe der Zeitschrift „Deutsch-Brasilianischer Dialog über Wissenschaft, Forschung und Innovation” (2015), in der über das Thema „Die Stadt von morgen – urbane Herausforderungen und Möglichkeiten angehen” diskutiert wurde.

Zugang zur Zeitschrift hier (in englischer und portugiesischer Sprache).