DFG-Capes-Ausschreibung zur Stärkung der deutsch-brasilianischen Kooperation in den Rechtswissenschaften

Das brasilianische Rechtssystem hat etliche deutsche Rechtsnormen übernommen – eine fruchtbare Grundlage für bilaterale Kooperationen in den Rechtswissenschaften. Stichtag der DFG-Capes-Ausschreibung ist der 28. Februar 2019.

Das brasilianische Rechtssystem unterlag während seiner Entstehung einem starken deutschen Einfluss – eine allgemeinhin eher unbekannte Tatsache, die auf das ursprünglich an germanische Rechtsnormen angelehnte Römische Recht zurückgeht. Diese Rechtsprechung wurde unter anderem auch in dem Gebiet des heutigen Portugal angewendet und im Zuge der Kolonialisierung gelangten diese Konzepte und Institutionen nach Brasilien, wo sie im Laufe der Zeit weiterentwickelt wurden. Bis heute finden sich im brasilianischen Zivilrecht Verweise auf das im 19. Jahrhundert entstandene Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), die den Bezug zur deutschen Rechtsprechung verdeutlichen.

Diese historische Verbindung hat Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern beider Länder einander näher gebracht, die sich im März letzten Jahres im Rahmen eines bilateralen Workshops in Bonn ausgetauscht und neue Perspektiven für die Vertiefung der Forschungskooperation geschaffen haben. „Angesichts dieses klar erkennbaren Interesses haben wir zusammen mit unserer brasilianischen Partnerorganisation Capes eine Ausschreibung zur Förderung von Projekten in den Rechtswissenschaften veröffentlicht. Die Vorhaben können bis zu vier Jahre gefördert werden und sollen zur Netzwerkbildung beitragen“, erläutert Dr. Dietrich Halm, Leiter der DFG-Abteilung für Internationale Kooperation mit Lateinamerika.

In den vergangenen Jahren war bereits erhebliches Kooperationspotenzial in diesem Bereich in Form von neu entstandenen bilateralen Netzwerken zu beobachten, das den Ausgangspunkt für die neue Initiative bildet. „In sämtlichen Fachgebieten der Rechtswissenschaften bestehen bereits deutsch-brasilianische Netzwerke sowie individuelle Kooperationen zwischen Forschenden beider Länder. Darüber hinaus existieren in dem Bereich auch einige strategische Partnerschaften zwischen Universitäten in Deutschland und Brasilien“, so Halm.

Günstige Kooperationsbedingungen

In Deutschland ist in diesem Zusammenhang unter anderem die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) zu nennen: Die Rechtswissenschaften gehören zu den Themenbereichen ihres 2015 eingerichteten strategischen Partnerschaftsprojekts mit der Universität São Paulo (USP), das vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) unterstützt wird. Unter dem Namen wwu.usp hat die Initiative ein Abkommen zur gemeinsamen Promotionsbetreuung sowie die Durchführung von Workshops und Summer Schools in den Fachgebieten Wirtschafts- und Steuerrecht ermöglicht. Die erste Förderphase wurde im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossen und eine zweite bereits bewilligt. Ein Schwerpunkt der künftigen gemeinsamen Forschungsaktivitäten wird der Bereich „Städte und Klima“ sein.

Darüber hinaus veranstalteten das Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) der WWU und die Arbeitsgruppe für Urheber- und Schutzrecht (GEDAI) der Bundesuniversität Paraná vom 16. bis 19. Januar außerdem einen Workshop zum Thema „Neue Technologien und Recht“ in Münster. Forschende der beiden Einrichtungen sowie Gäste aus anderen Hochschulen diskutierten dabei gemeinsame Themen und Interessen sowie Schnittstellen für bilaterale Aktivitäten.

Zu den im Bereich Rechtswissenschaften am besten nach Deutschland vernetzten brasilianischen Hochschulen gehört die Päpstlich-Katholische Universität des Bundesstaates Rio Grande do Sul (PUC-RS). 2018 veranstaltete sie zusammen mit der Bundesuniversität Santa Catarina (UFSC) und unterstützt vom Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo das 8. Internationale Symposium zum Thema Gerechtigkeit in Florianópolis. Ergänzt wurde die Veranstaltung außerdem durch ein Humboldt-Kolleg, einer Initiative der Alexander von Humboldt-Stiftung, die auf interdisziplinäre Netzwerkbildung in der Forschung ausgerichtet ist. Prof. Dr. Ingo Sarlet, Koordinator der juristischen Fakultät der PUC-RS, hatte in seinem damaligen Beitrag unter anderem den engen Bezug zwischen der brasilianischen und deutschen Rechtsprechung hervorgehoben.

Im brasilianischen Wissenschaftssektor spielen die Rechtswissenschaften eine wichtige Rolle. Laut der jüngsten Capes-Studie von 2017 gibt es landesweit 99 Master- und Promotionsprogramme, die meisten davon im Süden und Südosten des Landes. Der Großteil des Studienangebots entfällt auf private Einrichtungen; ein Drittel auf öffentliche Hochschulen. Der Bericht bescheinigte im Vergleich zu den Vorjahren eine Verbesserung der Qualität: Nationale Fachpublikationen werden beispielsweise verstärkt als Forum für den Austausch zwischen Forschungsgruppen genutzt und Interdisziplinarität wird in größerem Maße als zuvor berücksichtigt – auch für die internationale Kooperation sind dies interessante Entwicklungen.

DFG-Capes: Aufruf für deutsch-brasilianische Forschungsprojekte in den Rechtswissenschaften – Bewerbungen und weitere Information.

Quelle: DFG