Infrastruktur-Engpässe bremsen Elektrifizierung von Busflotten

© DWIH São Paulo

Experten aus Deutschland und Brasilien diskutierten auf einem Symposium in Rio de Janeiro die Hürden und Innovationen bei der Umstellung auf elektrische Busse. Vor allem die Ladeinfrastruktur in den Depots bereitet auf beiden Seiten des Atlantiks Kopfzerbrechen.

Auf dem binationalen Symposium „M2G Symposium 2025: Electrification of public transport and vehicle depots in Brazil and Germany“, das am 10. und 11. September in Rio de Janeiro stattfand, zeigten Experten die Engpässe bei der Elektrifizierung von Busflotten und Betriebshöfen in Brasilien und Deutschland sowie zukünftige Innovationen der Branche auf. Die Veranstaltung wurde gemeinsam vom Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) São Paulo, der Initiative Mobility2Grid (M2G) der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) und der Bundesuniversität von Rio de Janeiro (UFRJ) organisiert.

 

Unter den von Forschern aus Wissenschaft und Industrie diskutierten Themen waren der aktuelle Stand der Buselektrifizierung in Brasilien und Deutschland, finanzielle Herausforderungen, Planungsstrategien, Geschäftsmöglichkeiten in beiden Ländern sowie die Optimierung elektrischer Verkehrssysteme. Die Begrüßung der Teilnehmer übernahmen die Professoren Suzana Kahn Ribeiro und Glaydston Ribeiro (UFRJ), die stellvertretende Generalkonsulin Deutschlands in Rio, Claudia Seidler, der Ökonom Bruno Stukart (Brasilianisches Energieforschungsunternehmen – EPE) und die Direktorin des DWIH São Paulo und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) Brasilien, Katharina Fourier.

Für Fourier war das Symposium das „perfekte Beispiel“ für die Mission des DWIH São Paulo: die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Politik, Industrie und Gesellschaft. „Die Expertise der TU Berlin und von Mobility2Grid trifft hier in Rio de Janeiro auf die Perspektiven und Bedürfnisse der UFRJ. Wissenschaft, Praxis und Politikgestaltung kommen zusammen, um Lösungen zu entwerfen, die an die Realität Brasiliens angepasst sind“, sagte sie.

Professor Martin Gegner vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Forscher bei Mobility2Grid stellte die Initiative der TU Berlin vor, die einen eigenen Campus in der deutschen Hauptstadt betreibt. Der Campus ist vollständig CO₂-neutral, produziert seine eigene Energie und dient als Reallabor für nachhaltige Mobilität. Mobility2Grid bringt Partner aus Wissenschaft und Industrie zusammen und hat die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die Berliner Stadtreinigung (BSR) bei der Elektrifizierung ihrer Flotten unterstützt.

Die Engpässe

Die Infrastruktur für den vollständigen Betrieb von Elektrobussen stößt auf diverse Engpässe – einer der größten ist das Laden in den Betriebshöfen. Basierend auf der Arbeit, die die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit brasilianischen Städten bei der Einführung von Elektrofahrzeugen leistet, betonte Thaise Kemmer, technische Beraterin der Organisation, dass Elektromobilitätsstrategien den Einsatz verschiedener Akteure erfordern.

„Die technische Wartung [der Fahrzeuge] ist heute eine riesige Herausforderung, denn wie wir alle wissen, geht es bei der Elektromobilität nicht nur um die Busse. Sie umfasst viel Arbeit und ist sehr anspruchsvoll. Außerdem gibt es die Busse, aber man muss auch alle Routen und den gesamten Ladevorgang planen, und das ist ein gewaltiges Unterfangen für jede Stadt. Jede Stadt [die ein System implementiert hat] musste viel selbst lernen. Es gibt kein Handbuch, keine Anleitung, wo man anfangen soll. Das ist eine Herausforderung“, sagte sie.

Ein Erfolgsbeispiel ist Berlin, wo die Verbindung zwischen Wissenschaft und Industrie den Einsatz eines Simulators zur Optimierung des Energiebedarfs der E-Bus-Depots der BVG ermöglichte. Laut Professor Dietmar Göhlich von M2G und der TU Berlin konnte die Simulation die Leistungsnachfrage der Depots durch Technologien des „Peak Shaving“ (Spitzenlastkappung) von 10 auf 6,5 Megawatt reduzieren. Dies spart Energie in Spitzenzeiten, in denen die Versorgung teurer ist. Trotzdem gibt es weiterhin Störungen. „Wir haben immer noch Probleme mit der Ladeinfrastruktur. Ich weiß nicht, wie es in Brasilien ist, aber in Deutschland ist die Infrastruktur ein Albtraum“, so Göhlich.

Die Antwort zur brasilianischen Situation folgte prompt von Mike Munhato, Vertreter von Mercedes-Benz do Brasil. „Die Infrastruktur in Europa ist ein Albtraum, aber hier in Brasilien auch. In São Paulo zum Beispiel sind nicht die finanziellen Mittel das Problem, sondern die Struktur. Das erschwert eine Skalierung der Produktion.“ Zudem seien die Bedingungen in brasilianischen (und lateinamerikanischen) Städten an sich schon eine Herausforderung, erklärte Argel Franceschini, leitender Supervisor bei Volkswagen Lkw und Busse. „Wir wissen seit vielen Jahren, wie man einen LKW und einen Bus für den brasilianischen und lateinamerikanischen Betrieb entwickelt. Die Bedingungen sind ganz anders als auf dem europäischen Markt: Wie geht man mit einem E-Bus in einer Stadt um, die plötzlich überflutet werden kann? Das war eine große Sorge, aber wir haben spezielle Tests, die das bewältigen können“, sagte er.

Ein weiteres Problem ist die Herstellung der Fahrzeugkomponenten. Laut Gabriel Pabst, Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der TU Berlin, könnten die wirtschaftlichen Auswirkungen negativ sein, wenn Brasilien nicht die Fähigkeit entwickelt, Komponenten mit hoher Wertschöpfung lokal zu produzieren. „Wir müssen darauf achten, woher die Komponenten kommen, die in Bezug auf Forschung, Entwicklung und Wertschöpfung wirklich zählen. Dazu gehören die Batterien, die hauptsächlich aus China stammen, ebenso wie Wechselrichter und Kompressoren, die aus Deutschland kommen, und auch die Hardware wird importiert.“

Fallbeispiele aus Brasilien

In Brasilien versucht Porto Alegre, die infrastrukturelle Herausforderung mit einem Vertragsmodell zu umgehen, das den Anbieter der Elektrobusse verpflichtet, auch die Depots zum Laden der Batterien bereitzustellen. Laut Maria Cristina Molina Ladeira, Generaldirektorin des städtischen Mobilitätssekretariats, begann die Verwaltung der Hauptstadt von Rio Grande do Sul mit der Einführung von Elektrobussen nach der Flutkatastrophe, die den Bundesstaat im Jahr 2024 verwüstete, und erzielt seitdem zufriedenstellende wirtschaftliche Ergebnisse.

„Innerhalb eines Jahres hatten wir 1,2 Millionen Fahrgäste auf drei Linien mit 12 Fahrzeugen. Es wurden 600.000 km in 31.000 Fahrten zurückgelegt. Der Durchschnittsverbrauch der 12 Busse in diesem Zeitraum, einschließlich Sommer und Winter, betrug 1,25 kWh/km. Das ist ein gutes Ergebnis. Außerdem wurden 880 Tonnen CO₂ vermieden und 380.000 Liter Kraftstoff eingespart, was einer Ersparnis von fast BRL 1 Million (ca. 160.000 EUR) mit nur 12 Fahrzeugen entspricht. Das ist mehr, als wir erwartet hatten“, erklärte Ladeira.

Rio de Janeiro wiederum sieht die Elektrifizierung seiner Flotte als „große Herausforderung“, so Simone Costa, Exekutivsekretärin des Fonds für nachhaltige städtische Mobilität des städtischen Verkehrssekretariats. Das Ziel ist, bis 2030 20 % der Busse mit Batterien zu betreiben. Sie argumentiert jedoch, dass das Hauptproblem der städtischen Mobilität in der Metropole die aktuelle Qualität des Systems sei. „Die ganze Diskussion über Energie darf nicht die Tatsache in den Hintergrund drängen, dass wir das öffentliche Verkehrssystem verbessern und für alle gut machen müssen“, sagte sie.

Text: Rafael Targino