Von der Idee zur Innovation: neue Wege gehen und Hindernisse überwinden

In eine veränderte Denkweise investieren, sich Fehler erlauben, Risiken eingehen, physische und mentale Grenzen überschreiten sowie nach neuen und kreativen Wegen suchen, – das waren einige der Ratschläge der Experten, die am 7. Deutsch-Brasilianischen Innovationskongress 2019 teilgenommen haben. Die mit der Unterstützung des DWIH São Paulo realisierte Veranstaltung präsentierte deutsches Know-how anhand von Geschäftsmodellen wie Telemedizin für medizinische Notfälle, die Erzeugung sauberer Energien aus schadstoffhaltigen Abfällen sowie Anwendungsbeispiele der künstlichen Intelligenz, die ganze Bereiche der Produktion, der Mobilität und des Gesundheitswesens revolutionieren.

Es besteht kein Zweifel, dass Innovation zahlreiche Bereiche der Gesellschaft erobert, beeinflusst und verändert hat. Dabei ist hervorzuheben, dass sich Innovation nicht nur auf neue Technologien und die digitale Welt beschränkt. Innovation ist mehr als das: Sie geht von dem Prinzip aus, Denkweisen zu ändern, Risiken einzugehen, physische und mentale Grenzen zu überschreiten sowie neue Geschäftsmodelle und Lösungen für die Herausforderungen zu entwickeln und vorzuschlagen, denen wir heute gegenüberstehen. Fehler begehen? Ja, Fehler zu machen ist Bestandteil dieses Modells, das nach der Essenz der Innovation sucht, und somit ein angemessenes Umfeld für die Entstehung einer Innovation gewährleistet. Die oben erwähnten Punkte waren nur einige der Aspekte, die während des am 2. und 3. Oktober in São Paulo veranstalteten 7. Deutsch-Brasilianischen Innovationskongresses angesprochen und diskutiert wurden, dessen zentrales Thema innovative Geschäfte waren, die durch aufstrebende Technologien ermöglicht werden.

Die Veranstaltung, eine Initiative der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer von São Paulo (AHK São Paulo), die vom Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo (DWIH São Paulo) und Invest SP mitorganisiert wurde, bot ein intensives Programm mit Vorträgen und Podiumsdiskussionen, Networking-Räumen und der Preisverleihung für Startups. Das DWIH São Paulo ist seit der ersten Ausgabe des Kongresses im Jahr 2013 Partner der AHK und organisiert die Anreise von Referenten aus deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Außerdem ist das für die Kategorie „Deutschland” des AHK-Wettbewerbs Startups-Connected-Preis verantwortlich und finaziert dem Gewinner dieser Kategorie eine Reise nach Brasilien, um dort den Preis entgegenzunehmen sowie Kontakte zu Unternehmen und Institutionen aus dem Wissenschafts-,Technologie- und Innovationsbereich zu knüpfen.

Prof. Margret Wintermantel, Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), dem das DWIH angegliedert ist, nahm zum ersten Mal am Kongress teil und hob bei der Eröffnungsfeier die Bedeutung von Partnerschaften für die Förderung von Wissenschaft und Innovation hervor. „Durch das DWIH ermöglichen wir diese wichtige Synergie mit der AHK für die Zusammenarbeit zwischen Brasilien und Deutschland. Diese gemeinsame Arbeit ist für uns die Grundlage, um die Entwicklung voranzutreiben und das Fachwissen von Industrie, Institutionen und Universitäten zusammenzuführen, damit die Umsetzung von Innovationen in die praktische Anwendung gewährleistet werden kann”, bekräftigte die Präsidentin.

In seiner Begrüßungsansprache unterstrich der deutsche Botschafter in Brasilien, Georg Witschel, die Rolle der Innovation in Deutschland sowie die Bedeutung des Erfahrungsaustauschs zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Brasilien und Deutschland. „Deutschland ist das europäische Land, das am meisten in Innovation investiert. Jedes zehnte der aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen weltweit kommerzialisierten Produkte stammt aus Deutschland. Daher kennt die Bundesregierung die Schlüsselrolle der Innovation in einem wettbewerbsintensiven Markt und setzt sich für ihre Nachhaltigkeit ein”, betonte Witschel.

Für Paulo Alvim, Sekretär für Entrepreneurship und Innovation des brasilianischen Ministeriums für Wissenschaft, Technologie, Innovationen und Kommunikation (MCTIC), besteht die große Herausforderung für Brasilien darin, Innovation zu praktizieren, wobei die Partnerschaft mit Deutschland dafür von grundlegender Bedeutung ist. „Es ist wichtig, dass Brasilien als Land der Chancen gesehen wird. Auf diese Weise können wir die bereits bestehenden Bindungen zu Deutschland weiter stärken.”

Die Veranstaltung präsentierte an ihrem ersten Tag nicht nur Erfolgsgeschichten, sondern auch Kooperationsmöglichkeiten im Innovationsbereich zwischen beiden Ländern. Von deutscher Seite brachten vom DWIH São Paulo eingeladene deutsche Experten wichtige Beiträge.

Künstliche Intelligenz eröffnet neue Wege und Perspektiven      Prof. Joachim Hornegger, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), eröffnete das Programm mit einem Keynote-Vortrag über Künstliche Intelligenz (KI). Hornegger unterstrich die Rolle der Universitäten bei der Entwicklung von Forschungsprojekten für Innovation und präsentierte von der FAU entwickelte Lösungen für verschiedene Bereiche wie Produktion, Gesundheitswesen und Mobilität. Eines der vorgestellten Beispiele war die Verwendung von KI bei der Analyse medizinischer Daten, um Krankheiten vorzubeugen, personalisierte Arzneimittel verschreiben zu können und Diagnosen im Voraus zu stellen. Hornegger, ein begeisterter Verfechter der Künstlichen Intelligenz, bekräftigt, dass diese das Alltagsleben bereits mit atemberaubenden Entwicklungen verändert hat. „Die KI wird zu einem unverzichtbaren Werkzeug für die Forschung. Die Analyse großer Datenmengen ist für viele Bereiche der Wissenschaft von entscheidender Bedeutung und bietet uns eine enorme Unterstützung”, fügte Hornegger hinzu.

Interview mit Hornegger über KI: „Künstliche Intelligenz ohne Berührungsängste” –  Hier!

Innovation im Gesundheitswesen: ein neuer Zeitabschnitt für das LebenIn einem Szenario, in dem nur 23% der brasilianischen Bürger Zugang zum privaten Gesundheitssystem haben, erweisen sich Innovationen als wertvolles Instrument, um diesen Sektor zu demokratisieren und den Zugang zu seinen Dienstleistungen zu ermöglichen. In diesem Sinne wurden bei der Podiumsdiskussion „Gesundheitswesen“ neue Geschäftsmodelle im medizinischen Bereich vorgestellt. Der deutsche Beitrag kam von Professor Rolf Rossaint, Leiter der Abteilung für Anästhesiologie an der RWTH Aachen, der über die Entwicklung der Telemedizin in der vorstationären Notfallversorgung sprach.

Laut Rossaint kommt in dem von ihm in Deutschland entwickelten Projekt Spitzentechnologie zum Einsatz, und auf Knopfdruck werden augenblicklich nicht nur medizinische Unterstützungsmaßnahmen sondern auch wichtige, vitale Ratschläge übermittelt. „Die Telemedizin entwickelt sich ständig weiter, sie ermöglicht dem Sektor und seinen Fachkräften eine höhere Effizienz und Wirksamkeit und bietet den Patienten dadurch mehr Vorteile und einen größeren Komfort. Ich hoffe, dass sie in vielen Fällen die Wartezeit in der Arztpraxis verkürzen kann und lange Anfahrten zum Arzt überflüssig macht”, sagte Rossaint.

Auf die Frage nach extremen Notfällen, in denen Lebensgefahr für die Patienten besteht, erklärt er: „Konventionelle Notärzte werden weiterhin für alle schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Fälle entsandt”.

Interview mit Rossaint: „Telemedizin schreitet voran und zeigt neue Wege für das Gesundheitswesen auf”. Lesen Sie hier!

Nachhaltige und erneuerbare Energie: Abfall wiederverwendenBarbara Waelkens, Forscherin am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (Fraunhofer IGB), zeigte in der Podiumsdiskussion „Energie” anhand eines gemeinsam mit der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsgesellschaft Sabesp in Franca (SP) entwickelten Projekts auf, dass es möglich ist, aus Abwasser Biogas als Fahrzeugbrennstoff zu erzeugen.

Im Jahr 2018 wurde das Projekt erfolgreich abgeschlossen und die Installation befindet sich seit über einem Jahr in der Testphase, da die Umstellung in den Normalbetrieb am Fehlen einer gesetzlichen Regelung scheitert. „Es gibt weder ein Gesetz noch eine Regelung der Nationalen Behörde für Erdöl und Erdgas (ANP), die den Verkauf dieses Kraftstoffs erlaubt”, erklärte Waelkens.

Nach Angaben der Forscherin betrug die elektrische Leistung, die bei der Biogaserzeugung in Deutschland installierten 8.700 Anlagen erzeugt wurde, im Jahr 2017 ungefähr 4,5 GW (FNR, 2018). „Dieses Szenario zeigt uns, dass Deutschland bereits einen etablierten Markt besitzt, während Brasilien gerade seine ersten Schritte unternimmt, aber dabei ein großes Potenzial aufweist”, erklärte Waelkens.

Interview mit Waelkens über das Energiesektor-Szenario. Lesen Sie hier „Energie 4.0: Alternativen für Nachhaltigkeit”

DWIH prämiert Startup mit Schwerpunkt Bildung               

Zusätzlich zu den Vorträgen und Diskussionsrunden fand am Ende des ersten Aktivitätstages auf dem Kongress auch die Preisverleihung für die Sieger des Startups-Connected-Preises statt. In der vom DWIH São Paulo geförderten Kategorie „Deutschland” gewann das deutsche Startup Re:edu, ein Spin-off des Geoinformatik-Instituts der Universität Münster. Die Initiative zielt darauf ab, Visibilität, Vernetzung und Verbindung zum brasilianischen Markt zu schaffen und die Internationalisierung zu fördern. Re:edu entwickelt Konzepte, Produkte (Software und Hardware) und Workshops zu Themen wie digitale Bildung, bürgerorientierte Wissenschaften, Umweltüberwachung usw.

DAAD-Kommunikationsdirektor Michael Harms, Leiter des DWIH-Netzwerks, überreichte die Auszeichnung an den Bildungsdirektor von Re:edu, Björn Guntermann, der Gelegenheit hatte, sich über Innovationsökosysteme in Brasilien zu informieren, und dabei unter anderem Kontakte mit Forschern sowie potenziellen Kunden, Lieferanten, Investoren und Partnern zu knüpfen.

Startups Connected zeichnete außerdem brasilianische Gewinner in neun Kategorien aus, wobei die verschiedenen Herausforderungen von Unternehmen und Organisationen vorgeschlagen wurden, die das Programm unterstützen. Neben der Vernetzung von Startups mit Unternehmen verfolgt die Initiative das Ziel, die gemeinsame Entwicklung neuer Lösungen zusammen mit den Ankerfirmen zu ermöglichen, die die Aufgaben für die einzelnen Kategorien vorgeschlagen haben.

Erfahren Sie mehr über die Gewinner der 4. Ausgabe von Startups Connected

 Von Ana Paula Katz Calegari