Klimawandel: Barrieren, die überwunden werden müssen

Rechtliche Fragen, mangelnder Dialog zwischen den verschiedenen Regierungsebenen und Veränderungen im Lebensstil der Einwohner. Welche dieser und anderer Aspekte hindern die Städte in der Praxis daran, Schutzmaßnahmen gegen den Klimawandel umzusetzen? Dies war die Kernfrage der Diskussionen zum Thema „Governing Urbanization and Climate Protection” am dritten Tag des 9. Deutsch-Brasilianischen Dialogs über Wissenschaft, Forschung und Innovation.

„Der Klimawandel in Städten, insbesondere in Brasilien, wurde über lange Zeit nicht ernst genommen. Dies ist zum großen Teil auf den Prozess der sozialen Anpassung zurückzuführen“, betonte Gabriela Di Giulio, Professorin und freie Dozentin für Gesundheitswesen, Umwelt und Gesellschaft an der Fakultät für Öffentliches Gesundheitswesen der Universität São Paulo (USP).

Auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen, die von einem interdisziplinären Team in sechs Landeshauptstädten durchgeführt wurden, wies die Professorin auf die wichtigsten Punkte des Widerstands gegen den Klimaschutz in den Städten hin: Verwaltungspraktiken, politischer Wille, Engagement, mangelnder Dialog zwischen den Behörden verschiedener Regierungsebenen, Druck aus dem privaten Sektor und fehlende Perspektiven.

Nach Ansicht der Expertin müssten sich neben dem öffentlichen und dem privaten Sektor auch die Stadtbewohner für die Sache engagieren, was möglicherweise mit einer Änderung des Lebensstils verbunden wäre. Di Giulia wies jedoch darauf hin, dass die Negation wissenschaftlicher Erkenntnisse ebenfalls dazu beitrage, die Zusammenarbeit bei diesem Thema zu beeinträchtigen. „Solange die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft weiterhin von vielen Menschen angezweifelt wird, werden wir kaum in der Lage sein, Klimaschutzziele zu erreichen.”

Konflikte mit der Verfassung in der deutschen Klimagesetzgebung

„Die Regierungsstrukturen in Städten variieren weltweit erheblich. Darüber hinaus sind sie in ein komplexes Gewirr auf vielen politischen Ebenen verflochten.” Mit diesen Worten begann Sabine Schlacke, Professorin für Umwelt- und Planungsrecht an der Universität Münster (WWU), ihren Vortrag über die komplizierte Rechtslage im Hinblick auf dieses Thema und befasste sich insbesondere mit den Problemen des deutschen Rechts.

Wie Schlacke, die auch Mitglied des wissenschaftlichen Ausschusses dieser Veranstaltung ist, erläuterte, hatte das Bundesverfassungsgericht in einer im Mai 2021 veröffentlichten Entscheidung festgestellt, dass das Klimaschutzgesetz teilweise verfassungswidrig sei. Der Gesetzesentwurf sah eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% gegenüber 1990 vor. Die Klimaziele nach 2030 wurden jedoch während des Gesetzgebungsprozesses aufgegeben.

„Mehrere Einzelpersonen, Umweltverbände und NROs hielten diese Bestimmungen für unzureichend und machten rechtliche Einwände geltend, da das Gesetz ihre Grundrechte verletze”, erklärte die Juristin.

Der deutsche Oberste Gerichtshof entschied, dass das Klimaschutzgesetz verfassungswidrig sei, da es die Bürger nicht ausreichend vor künftigen Einschränkungen zur Verhinderung des Klimawandels schütze. „Es ist jetzt eine verfassungsmäßige Pflicht, dass alle staatlichen Ebenen Maßnahmen zum Schutz vor dem Klimawandel zu ergreifen”, sagte Schlacke.

Nach dieser gerichtlichen Entscheidung hat die Bundesregierung Veränderungen am Klimaschutzgesetz vorgenommen, wobei die staatlichen Verpflichtungen ausgedehnt und ambitioniertere Ziele für den Klimaschutz festgelegt wurden, z. B. die Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2045 auf Null und die Festlegung von Maßnahmen zur Neugestaltung der urbanen Mobilität über die Besteuerung des Kaufs von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.